Journalistin, ehemalige Chefredakteurin
A&W Architektur & Wohnen, Hamburg
Mit Ihnen als Moderatorin haben wir vor einigen Jahren unsere Designtalks gestartet. Namhafte Gestalter waren auf dem Podium – Stefan Diez, Markus Jehs und Jürgen Laub, Paola Navone, Massimo Morozzi u.v.a. Was, glauben Sie, reizt die Zuhörer an diesen hochkarätigen Designern?
Etwas über Werdegang, Haltung und Philosophie von Gestaltern zu erfahren ist für Designliebhaber ebenso interessant wie für andere der Klatsch in Bunte oder Gala. Die Chance, Prominente aus der Architektur und/ oder Designszene kennenzulernen, wird deshalb gerne genutzt.
Als einstige Herausgeberin und Chefredakteurin der A&W Architektur & Wohnen berichteten Sie immer über Trends aus Wohnen, Architektur, Interior und Design. Wie findet man den richtigen Mix?
Meine Faszination begann 1983 mit Memphis. Ich war damals als Reporterin auf der Möbelmesse in Mailand – und fand die Atmosphäre rund um diese revolutionäre Bewegung einfach spannend. Danach habe ich mich spezialisiert auf die Kreativität dieser Szene und dabei viele Akteure persönlich kennengelernt. Da wächst dann mit den Jahren „der Riecher“ für Trends, für die InDesigner, für neue Talente. Und über die verkaufte Auflage erfährt man natürlich auch, was den Lesern gefällt. Als Chefredakteur sollte man das berücksichtigen, wenn man längerfristig Erfolg mit seinem Konzept haben möchte. Ich war 17 Jahre lang Chefredakteurin von A&W und hatte ein großartiges Team von Journalisten, die auf ihrem jeweiligen Spezialgebiet wahre Spürnasen für das Besondere sind. Als Chefredakteur/in gibt man wie der Dirigent eines Orchesters den Takt an – und je besser die einzelnen Spieler, desto bravouröser das Konzert.
Hamburg ist der Sitz des Jahreszeitenverlages und Ihr Lebensmittelpunkt. Wie ist Ihr Eindruck von Stuttgart rund um die Themen Architektur und Design?
Ich bin immer wieder erstaunt, was der aed an interessanten Events auf die Beine stellt. Und ich finde das Ziel der gemeinnützigen Initiative, die Werner Sobek ins Leben gerufen hat, ziemlich einzigartig und extrem engagiert – nicht zuletzt durch das sehr aktive Netzwerken von Silvia Olp. Die Gestaltungskompetenz einer Stadt bzw. Region der Öffentlichkeit nahezubringen, sollte eigentlich ein öffentlicher Auftrag sein. Aber „Gestaltung“ sehen die meisten Politiker immer noch als „Form“, nicht als „Inhalt“. In Hamburg hat mir vor ein paar Jahren ein Referent des Wirtschaftssenators mal erklärt, Design sei nur ein „Appendix“ seines Ressorts. Meine Bemerkung, dass ein entzündeter Blinddarm tödlich enden kann, fand er nur eine lustige Replik. Was mir im „Schwabenländle“ auffällt und besonders gefällt: Die schönsten deutschen Privathäuser, die A&W zur Veröffentlichung angeboten werden, stammen sehr oft von Architekten aus dem Stuttgarter Umfeld. Die Qualität hier ist außergewöhnlich. Und die Bauherren scheinen nicht nur das nötige Kleingeld zu haben, sondern auch mehr Verständnis – und Mut – für moderne Architektur als anderswo.
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Some years ago we started our design talks with you as our host. Renowned designers were our guests – Stefan Diez, Markus Jehs and Jürgen Laub, Paola Navone, Massimo Morozzi and many others. What, do you think, is it that interests the audience about these top designers?
Hearing about the personal background, attitude and philosophy of designers is as interesting for design lovers as is gossip in magazines such as Bunte or Gala for others. Therefore, the chance of getting to know wellknown personalities from the architecture and design scene is a welcome opportunity.
As former publisher and editor of A&W Architektur & Wohnen you always reported about trends in living, architecture, interior decoration and design. How do you find the right mix?
It all began in 1983 with Memphis. I was a reporter at the Milan furniture fair – and the atmosphere around this revolutionary movement was just so exciting to me. Then I became a specialist on this scene’s creative work and got to know many of the protagonists personally. You get a good nose for trends, for the designers that are in fashion and for new talents with the years. And the print run that is sold also tells you, of course, what your readers like. As an editor you should take that into consideration, if you want to be successful with your concept in the longer term. I was the editor of A&W for 17 years and had a great team of journalists, who are really good in coming up with something special in their field. As an editor you call the tune like the conductor of an orchestra – and the better the individual players, the better the concert.
The main office of the Jahreszeitenverlag is in Hamburg, which is also the centre of your life. What is your impression of Stuttgart with respect to architecture and design?
I am always surprised by the interesting events the aed organizes. And I think the aim of this nonprofitmaking initiative that Werner Sobek started is quite unique and extremely high – not least because Silvia Olp networks very actively. It should really be the government making the city or region aware of the creative competence. Most politicians, however, still regard “design” as “form”, not as “content”. A couple of years ago in Hamburg, a speaker of the Senator for Trade and Industry explained to me that design was only an “appendix” of his department. He only took my remark that an inflamed appendix can be fatal as a funny comment. What strikes me about Swabia and what I especially like is: The most beautiful German private houses that are offered to A&W for publication very often are those of architects from the region around Stuttgart. The quality available here is exceptional. And the owners not only seem to have the necessary funds, but also more appreciation for modern architecture – and courage – than elsewhere.